Schule und Bildungsforschung Hand in Hand: Ein Reallabor zur Entwicklung kommunaler Bildungslandschaften
11. April 2024
Mitarbeit von Eltern in der Schule: Wie kann sie gelingen, wie kann sie weiterentwickelt werden?
Wie kann dadurch das Zusammenleben in der Stadt verbessert werden? Diese Fragen verfolgt das Projekt SODETE.
Das Forschungs- und Praxisprojekt SODETE erforscht die Möglichkeiten und Bedingungen von Elternbeteiligung an Ganztagsgrundschulen in der baden-württembergischen Kleinstadt Schwäbisch Gmünd. Ziel ist es, die Elternbeteiligung zu verbessern und weiterzuentwickeln. Dem Projekt liegt der Gedanke zugrunde, dass Elternbeteiligung ein wichtiger Baustein einer lebendigen Bürgergesellschaft sein kann. Gestaltet sich die Kooperation zwischen Schulen, Eltern und zivilgesellschaftlichen Akteuren erfolgreich, lassen sich Bildungserfolge verbessern und die Identifikation der Bürger*innen mit ihrer Kommune und dem demokratischen System fördern. Das interdisziplinäre Team aus Expert*innen verschiedener Wissenschaftsdisziplinen (u. a. Erziehungs-, Sprach- und Sozialwissenschaftler*innen sowie Sozialpädagog*innen), setzt auf einen partizipativen Forschungsansatz, der Beobachtungsverfahren, Expert*innen-Interviews und die Installation von Reallaboren umfasst. In zwei Projektabschnitten, einer Forschungs- und einer Umsetzungsphase, sollen förderliche und hinderliche Faktoren der Elternbeteiligung analysiert und Strukturen zur Förderung der Kooperation zwischen Eltern und Schulen entwickelt werden.
Die Wahl der Forschungsmethode als erster Schritt zum Reallabor
Einen besonderen Stellenwert hat das Projektteam in der Forschungsphase der Methode der teilnehmenden Beobachtung beigemessen. Sie ermöglichte einerseits unmittelbare Eindrücke von der Alltagspraxis von Elternbeteiligung zu erhalten, und ein tieferes Verständnis für die Herausforderungen und Potenziale der Elternbeteiligung zu gewinnen. Andererseits gewährleistete das „Hanging around“ in der Schule und die Teilnahme etwa an Eltern-Cafés, Schulfesten und Elternabenden den Aufbau von Kooperationsbeziehungen zu den verschiedenen Akteuren des Schullebens, die sich bei der Einladung und Gestaltung von Reallaboren als hilfreich erwiesen. Interviews mit Eltern aus vier Projektklassen, Lehrkräften und anderen schulischen und außerschulischen Akteur*innen vervollständigten die Datenerhebung in der Forschungsphase.
Nicht ein Reallabor, sondern viele
Die Auswertung der erhobenen Forschungsdaten und eine erste Vorstellung zentraler Ergebnisse auf einer kommunalen Bildungskonferenz führten zur Festlegung von vier zentralen Themenbereichen, die in zukünftigen Reallaboren bearbeitet werden sollen: „Ganztagsschule und Familie“, „Vielfalt in Familie und Schule“, „Elternabend, Elternbeirat und Co.“, sowie „Elternbeteiligung in der Kommune“. Jedes dieser Labore fokussiert auf spezifische Aspekte der Elternbeteiligung und bildet einen eigenen Schwerpunkt im Gesamtprojekt.
Zum Beginn im Fokus: Ganztagsschule und Hausaufgaben
Während der Diskussion der Forschungsergebnisse stellte sich heraus, dass Hausaufgaben eine wichtige Schnittstelle von Ganztagsschule und Familie sind. Insbesondere in den Elterninterviews war das Thema Hausaufgaben als relevant deklariert worden. Das bewies sich nicht zuletzt in einem Elterncafé, das im Vorfeld des eigentlichen Reallabors organisiert wurde, um einen „safe space“ zum Austausch von Erfahrungen und Anliegen der Eltern zu schaffen und über das Datensample hinaus weitere Eltern in das Projekt einzubeziehen. Am eigentlichen Werkstatttermin hatte das Projektteam dann mit einer großen Enttäuschung umzugehen, weil die Eltern der Veranstaltung fernblieben. Um das Reallabor trotzdem weiter voranzutreiben, wurde eine zusätzliche Schleife eingebaut, um erneut in Kontakt mit den Eltern zu treten. Motto: Wenn die Akteur*innen nicht zu uns kommen, gehen wir zu ihnen. Die im Reallabor erarbeiteten Gestaltungsvorschläge werden nun in Sitzungen des Elternbeirates vorgestellt und diskutiert, um Änderungen in der Ausgestaltung der Lernzeit, die sich an den vormittäglichen Schulunterricht anschließt, zu initiieren. Zu den Vorschlägen zur Ausgestaltung der Hausaufgabenpraxis gehören beispielsweise die Einführung einer Hausaufgaben- Sprechstunde, die Förderung von Anreizen zur effizienten Aufgabenbearbeitung bei den Schüler*innen, die Verbesserung der Personalausstattung oder die Erarbeitung eines Raumkonzeptes zur Gestaltung ansprechender Lern- und Arbeitswelten.
Variantenreichtum in Reallaboren
Das zweite Reallabor „Vielfalt in Familie und Schule“, das sich aktuell in der Planungsphase befindet, setzt auf einen Methoden- und Zielgruppenwechsel, um die Thematik der Elternbeteiligung aus einer anderen Perspektive zu beleuchten. Während das erste Reallabor Werkstattcharakter hatte und vor allem die Akteure in den untersuchten Schule adressierte, setzt das zweite auf eine Vortragsreihe für Fachkräfte in allen Schulen und für die interessierte Stadtöffentlichkeit. Beibehalten wird das regelmäßige Angebot niederschwelliger Elterncafés, um Eltern, die durch Vortragsveranstaltungen nicht zu erreichen sind, einzubeziehen. Nachhaltige Beziehungen zu allen Akteur*innen im Feld aufzubauen und die Beteiligung verschiedener Zielgruppen aktiv zu fördern, ist ein wichtiger Schlüssel für die Umsetzung der Projektziele.
Der Bericht ist erschienen am: 11. April 2024 im Reallabor-Report der Tagung "Reallabore – ExperimentierRäume
für den Weg in eine nachhaltige Gesellschaft"